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Die Schweiz erhält kein Präventionsgesetz

Gesundheitliche Vorsorgemassnahmen sollen in der Schweiz nicht stärker koordiniert werden: Die Beine einer übergewichtigen Frau. (Archivbild)

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Die Schweiz erhält kein Präventionsgesetz. Der Ständerat hat heute eine Vorlage versenkt, die es dem Bund ermöglicht hätte, Massnahmen zur Krankheitsvorsorge besser zu steuern und zu koordinieren.

Für ein Ja zum Präventionsgesetz fehlten zwei Stimmen. Der Ständerat nahm zwar mit 22 zu 19 Stimmen den Antrag der Einigungskonferenz zugunsten des Gesetzes an. Weil es um die Ausgabenbremse ging, hätte jedoch die Mehrheit der 46 Ratsmitglieder zustimmen müssen – 24 Stimmen hätte es gebraucht.

Mit dem Entscheid des Ständerates ist das Gesetz vom Tisch. Gesundheitsminister Alain Berset rief den Rat vergeblich ein letztes Mal dazu auf, der Vorlage zuzustimmen. Der Widerstand mache ihn ratlos, hatte er bereits am Vortag gesagt.

Prävention bleibt ein Thema

Pro Jahr werde rund eine Milliarde Franken für Prävention ausgegeben, stellte Berset fest. Daran werde sich nichts ändern, auch wenn die Räte das Gesetz ablehnten. Zudem werde Prävention so oder so ein Thema bleiben, denn diese sei äusserst wichtig im Zusammenhang mit chronischen Krankheiten.

Auch Felix Gutzwiller (FDP, ZH) versuchte nochmals, seine Ratskolleginnen und -kollegen von der Notwendigkeit des Gesetzes zu überzeugen. Es gehe nicht darum, mehr Geld in die Prävention zu investieren. Ziel sei es lediglich, die Präventionsmassnahmen zu koordinieren und die Gelder gezielter einzusetzen.

Teile der Wirtschaft gegen das Gesetz

Der Widerstand in der kleinen Kammer war aber zu gross. Gegen das Gesetz mobil gemacht hatten Teile der Wirtschaft, zusammengeschlossen in einer «Allianz für eine massvolle Präventionspolitik». Dieser gehören neben dem Gewerbeverband unter anderem Gastrosuisse und die Vereinigung des Tabakwarenhandels an.

Die Gegner des Gesetzes aus den Reihen der bürgerlichen Parteien argumentierten, der Bevormundung der Bürger durch den Staat müsse ein Riegel geschoben werden. Sie sprachen von «Präventionsfundamentalismus», der die Leute krank mache. Prävention sei wichtig, doch liege sie in der Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen.

Keine Bevormundung

Die Befürworter erwiderten, Prävention sei keine Bevormundung, sondern befähige die Menschen zu Eigenverantwortung. Das Präventionsgesetz verbiete niemandem den Verzehr von Pizza, Pommes frites oder Cremeschnitten. Auch schreibe es niemandem vor, sich mit Walking-Stöcken auszurüsten.

Zu den Argumenten der Befürworter gehörten die steigenden Gesundheitskosten. Mit Prävention könnten Kosten gespart werden, zeigten sie sich überzeugt. Prävention sei eine Investition in die Zukunft, nach dem Motto «besser vorsorgen als heilen».

Von Beginn weg umstritten

Der Nationalrat sprach sich stets deutlich für das Gesetz aus. Im Ständerat dagegen war die Vorlage von Beginn weg umstritten. Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten entschied der Rat, die Beratungen überhaupt aufzunehmen. Um dem Gesetz zum Durchbruch zu verhelfen, erfüllten die Befürworter in der Folge zahlreiche Forderungen der Gegner.

So verzichteten sie auf das ursprünglich geplante Präventionsinstitut und senkten die Obergrenze für den Präventionszuschlag auf den Krankenkassenprämien. Heute – und nach dem Nein zum Gesetz auch in Zukunft – kann der Gesundheitsminister in eigener Kompetenz entscheiden, wie hoch der Präventionszuschlag ist. Das Gesetz hätte die Obergrenze bei 0,075 Prozent der durchschnittlichen Jahresprämie festgesetzt.

Vergebliche Kompromisse

Am Ende nützten alle Kompromisse nichts: Einzelne Ständeräte kippten im Verlauf der Beratungen von der Befürworter- auf die Gegnerseite, unter ihnen Urs Schwaller (CVP, FR). Damit obsiegten die Gegner. Zeitweise hatten 20 Ständeratsmitglieder für und 16 gegen das Gesetz gestimmt.

Das Gesetz hätte es dem Bund ermöglicht, sich auch bei nicht übertragbaren Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder psychischen Leiden stärker zu engagieren. Der Bundesrat hätte unter Mitwirkung der Kantone nationale Präventionsziele festlegen sollen. Eine zentrale Rolle hätte die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz gespielt. Sie sollte die Präventionsprogramme künftig konzipieren und die Mittel verteilen.

«Chance verpasst»

Eine zentrale Rolle hätte die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz gespielt. Sie sollte die Präventionsprogramme konzipieren und die Mittel verteilen. Entsprechend enttäuscht fiel deren Reaktion aus: Das definitive Scheitern der Vorlage sei eine «verpasste Chance». Nun müsse nach neuen Wegen gesucht werden, um die Prävention und die Gesundheitsförderung zu verbessern, teilte die Stiftung mit.

Die drei ausserparlamentarischen Kommissionen für Alkoholfragen, für Drogenfragen und für Tabakprävention plädieren ihrerseits für eine Stärkung der Präventionsprogramme Alkohol und Tabak sowie Massnahmen bei illegalen Drogen. Die drei Kommissionen zeigten sich in einem Communiqué bereit, dabei eine «gestaltende Rolle» zu übernehmen.

Hoch erfreut über die Ablehnung war hingegen die vom Schweizerischen Gewerbeverband angeführte «Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik». Damit blieben Wirtschaft und Bevölkerung ein neues, überflüssiges Gesetz erspart. Für «sinnvolle Präventionsmassnahmen» reiche die heutige Gesetzgebung völlig aus.

SDA/rbi/mw